Kreta und Homer

Homer (nach dem Untergang der minoischen Kultur), erwähnt Kreta bei etlichen Gelegenheiten. Er beschreibt Kreta als "gastfreundlich, wunderbar und fruchtbar", und als Land mit vielen Städten, wo Minos herrschte. In seinen Werken nennt er die vielen Volksstämmen Kretas, die Eteokretern, Pelasgier, Achaier, Dorer und Kydonier. Während die Eteokreter (echte Kreter) minoischer Abkunft waren, kamen alle anderen Stämme aus Griechenland und lebten zu Homers Zeit in verschiedenen Teilen der Insel. Die Kydonier siedelten auf der Westseite Kretas und gaben ihren Name dem heutigen Kreis Kydonia bei Chania. Kydon war der Sohn von Minos Frau Pasiphae und Hermes, und sein Name bedeutet "ruhmreich, stolz".
Die kretische Flotte hatte auch am Feldzug gegen Troja teilgenommen. Als die Griechen vor Aulis lagen, schickte der kretische König Idomeneos seine Botschafter zu Agamemnon, dem obersten Heerführer der Griechen, und teilte ihm mit, daß hundert Schiffe am Feldzug gegen Troja mitmachen würden, falls Agamemnon bereit wäre, den Oberbefehl mit Idomeneos zu teilen. Agamemnon stimmte zu, und so wurde der trojanische Feldzug zum kretisch-hellenischen Unternehmen.
In der Odyssee werden etliche Orte Kretas angeführt. Die Höhle des Zyklopen, wo Odysseus und seine Gefährten von Polyphem gefangengenommen wurden, könnte in Sougia an der Südküste Kretas gelegen haben. In Südkreta fallen die Berge steil zum Meer ab. Wilde Ziegen, die sogenannten Kri-Kris streifen hier herum. Die Gegend hat auch viele Höhlen. Eine davon in den Bergen oberhalb Sougias heißt tatsächlich Zyklopenhöhle. In seinen Abenteuern erwähnt Odysseus auch die Insel des Äolos, des Gottes der Winde. Wie Homer erzählt, soll die Insel von einem bronzenen Wall umgeben gewesen sein, mit schroffen Klippen darunter. Äolos hatte die wilden Kräfte der Winde in einer Ledertasche eingefangen, die Odysseus erhielt. Die kleine Insel Gramvousa, umgeben von der ständig aufgewühlten See, deren Kliffe bei Sonnenuntergang einen bronzenen Farbton annehmen, paßt gut zur Beschreibung von Äolos´ Insel. Außerdem hieß Gramvousa im Altertum Korykos, und das bedeutet Ledertasche.