Die echten Kreter sind ein hochgewachsener Menschenschlag. Das fällt am ehesten in den abgelegenen Berggegenden auf, wo die Bevölkerung seit jeher unvermischt geblieben ist. Die Kreter sind ein stolzes und unabhängiges Volk. Ihre lange Geschichte von Kämpfen gegen die verschiedenen Besatzer spiegelt sich noch heute in ihrem Verhalten wider.

Viele Traditionen sind in den Dörfern Kretas, besonders den abgelegenen, erhalten geblieben. Dazu gehören die Hochzeiten und Taufen. Beides sind besondere Feste, die sich tagelang hinziehen können. Im Westen Kretas werden die Feste von den sogenannten "Rizitika Tragoudia" begleitet, uralten Liedern, teilweise byzantinischen Ursprungs. Zu solchen Feiern gehören noch Tänze, Essen, Trinken und das Abfeuern von Schußwaffen.

Die Traubenlese, die Wein- und die Tsikoudiaherstellung sind Tätigkeiten, die in jedem Herbst aufs neue Anlaß zum Feiern bieten. Zur Weinbereitung werden die Trauben in speziellen Becken, den sogenannten "Patitiria" zerdrückt. Mehrere Leute wechseln sich damit ab, die Trauben zu zertreten. Diejenigen, die gerade nicht an der Reihe sind, vertreiben sich die Zeit mit Essen und Trinken. Tsikoudia ist ein starkes Getränk, das aus den Überresten der zerquetschten Trauben hergestellt wird. Man läßt die Überreste eine Zeit lang gären, und destilliert sie dann, wozu meist traditionelle Methoden und Apparaturen benutzt werden. Der rechtmäßige Besitzer einer Brennerei nimmt oft Urlaub von seiner eigentlichen Arbeit, um im Herbst seinem Amt als Brenner für sein Dorf nachzukommen. Oft ist seine Brennerei schon seit Generationen in der Familie. Die Leute, die zur Tsikoudia-Herstellung kommen, bringen oft Fleisch mit, um es auf dem Feuer zu grillen, und der frische Tsikoudia wird ausgiebig probiert.